Wenn Sie Ihren Welpen bei uns oder einem anderen Züchter
abholen, so nehmen Sie ihn aus seiner gewohnten Umgebung. Er wird von seiner
Mutter und den Geschwistern getrennt. Die durch den Züchter begonnene
Sozialisation oder Prägung wird plötzlich unterbrochen und der Welpe
muß sich neu orientieren. Würde er bei seinem Rudel bleiben, hätte
er ständig Kontakt zu seinen Geschwistern und auch zu älteren Hunden.
Es könnte in sein Rudel hineinwachsen und die Regeln lernen, die unter
Hunden gelten. Er könnte die Umwelt kennenlernen, in der sein Rudel lebt.
Er würde lernen, was gefährlich ist und was nicht. Er könnte
auch lernen, wie sich Hunde verständigen, wie man sich als Welpe und später
auch als großer Hund in einem Rudel verhält. Nun
leben unsere Hunde nicht in Rudeln neben uns, sondern sie sind in der Regel Teil
der Familie, Teil des Teams Mensch - Hund; manchmal auch Hund-Mensch. Wenn sie
nicht gerade als Sport- oder Wachgeräte in Zwingern gehalten werden, leben
sie den ganzen Tag mit ihren Menschen zusammen und müssen daher lernen, wie
man sich als Hund in einer Mensch-Hund-Beziehung verhält. Daneben gibt es
aber auch noch die anderen Hunde in der Nachbarschaft, auf dem Hundeplatz oder
die, die man beim Spaziergang trifft. Erzogene und solche, die nicht erzogen
bzw. sozialisiert sind. Auch mit ihnen muss sich der junge Hund verständigen
und sich ihnen gegenüber angemessen verhalten können. Er
wächst praktisch in zwei verschiedene "Kulturen" hinein, in die
der Menschen und die der Hunde. Hier werden zwei verschiedene Sprachen
gesprochen. Während Menschen in erster Linie verbal kummunizieren, verständigen
sich Hunde neben der Stimme mit einer Vielzahl von Ausdrucksmöglichkeiten,
die Menschen oft gar nicht wahrnehmen oder falsch deuten. Auch die gewünschten
Verhaltensweisen sind in beiden "Kulturen" unterschiedlich. Da steht
auf der einen Seite die Partnerschaft in der Mensch-Hund-Beziehung im
Vordergrund; auf der anderen Seite gibt es die Rangordnung im Rudel, die das
Verhalten der Hunde bestimmt. Die Anforderungen können da für einen
Welpen oder auch erwachsenen Hund durchaus gegensätzlich sein und sich
widersprechen. Ein fast alltägliches Beispiel: Sie sind im Wohnzimmer, der
Welpe liegt im Flur auf seiner Decke. In der Tür zum Wohnzimmer liegt die
Rudelchefin und schläft. Sie rufen den Welpen. Wird er kommen und über
die Rudelchefin springen oder gar klettern? Natürlich kommt er nicht, weil
man über die Chefin nicht klettert, auch nicht als Welpe, denn das duldet
sie gar nicht. Ist der Welpe nun ungehorsam oder haben Sie etwas übersehen,
vielleicht auch gar nicht gewußt?
Prägung für die
Mensch-Hund-Beziehung
Wenn Sie sich einen Welpen in ihr Leben holen, werden sie ihn so formen,
wie sie es für ihre persönlichen Bedürfnisse haben wollen. In den
eigenen vier Wänden wird das gut gehen. Aber der Hund lebt ja nicht nur im
Haus oder auf dem Grundstück. Er muß daher auch das Leben im 21.
Jahrhundert in Mitteleuropa kennenlernen. Angst ist angeboren und für das Überleben
notwendig. Ein Rudelführer, der immer nur nach vorne geht und vor nichts
Angst hat, lebt nicht lange. In der Natur kommt dann ein größeres
oder stärkeres Tier, in der Stadt ein Bus oder die Straßenbahn. Der
Welpe muss also lernen, dass einerseits der Straßenverkehr da ist und dass
man beim richtigen Umgang mit ihm keine Angst zu haben braucht.
An der Bushaltesetlle ist noch nicht viel los. Genau der
richtige Zeitpunkt, um die jungen Hunde langsam daran zu gewöhnen. |
So ein Langholztransporter ist für einen Welpen
schon ganz schön aufregend und bedrohlich. Aber gemeinsam sind sie stark
und schließlich bleibt das andere Ende der Leine ganz ruhig und gelassen.
Also: keine Gefahr! |
Die Gewöhnung an die Umwelt haben wir als Züchter
bereits begonnen. Alles können wir oder andere Züchter aber auch
nicht, da wir meist gar nicht so genau wissen, in welche konkrete Umwelt die
Hunde kommen. So haben wir z. B. keinen Jumbo-Jet oder keine Segelyacht, an die
wir die Hunde gewöhnen können. Das muss dann schon der neue Besitzer
bei Bedarf machen. Die meisten Züchter wohnen auch nicht in der
Innenstadt, sondern eher etwas außerhalb, damit die Grundstücke
bezahlbar bleiben oder es nicht ständig Beschwerden vom Nachbarn gibt, mit
dem man sich den Eingang teilen muss.
Sie müssen also die begonnene Sozialisation fortführen und immer
wieder auffrischen. Die Prägephase dauert bis zur 16. Woche. Alles, was
der Welpe bis dahin erlebt hat, ist ihm bekannt. Er wird dann nicht mehr ängstlich
oder aggressiv darauf reagieren. Er lernt zwar sein Leben lang, aber was er
bereits als Welpe kennengelernt hat fällt ihm später viel leichter.
Hier eine kleine Check-Liste für die Sozialisation .
Wohnuung - Staubsauger - Telefon -
Waschmaschine - Wäschetrockner - Besuch |
Reisen und Verkehr - Fahrten im Bus -
Fahrten im Zug - Fahrt mit dem Schiff |
Andere Tiere - auf der Weide - auf dem
Bauernhof - im Tierpark - in freier Natur |
andere Hunde - große und kleine Hunde -
Welpen und erwachsene Hunde - Hunde unterschiedlicher Farbe und Fellform |
Erwachsene - Männer und Frauen -
Personen mit Bart, Brille, Hut, Motorradhelm - Personen mit Gehhilfe -
Personen im Rollstuhl - Personen mit Schirm |
Kinder - Mädchen und Jungen -
unterschiedliche Alter - lebhafte und ruhige Kinder
- Kinderwagen |
Erfahrungen beim täglichen Spaziergang -
Fahrradfahrer, Jogger, Skater - Einkaufszentren - Fussgängerzonen -
Bank, Postamt - Park - Treppen und Aufzüge |
Alltagssituationen - Ablegen und Warten - Sitz
vor jeder Mahlzeit - Bürsten lassen - Untersuchungen beim"Tierarzt" -
Fremde nicht anspringen - "Aus"-lassen |
Einkaufsstress kann man am besten erst einmal von Weitem
kennen lernen. |
Im Park gibt es immer etwas Neues. Manchmal lernt man
auch Menschen kennen, die ganz ungewohnt sind. |
Die Sozialisatation, die der Züchter
begonnen hat, muss der neue Besitzer fortführen, damit der Hund im 21.
Jahrhundert zurecht kommt. | Der Welpe
oder junge Hund lebt aber nicht nur in der Welt seines Menschen. Immer wieder
trifft er auf andere Hunde, die ebenfalls in erster Linie mit ihren Menschen
leben und nur nebenbei Kontakt zu anderen Hunden haben. Hier sollen sie sich so
verhalten, wie ihre Menschen es möchten. Der Umgang mit Artgenossen muss
also ebenfalls gelernt werden. Genauso wie ein Kind im Kindergarten soziale
Verhaltensweisen lernt und einübt, so lernt ein Welpe oder Junghund in der
Welpen/Junghundgruppe den "erwünschten" Umgang mit Artgenossen.
Das, was für Kinder gilt, das gilt auch für Welpen: im Spiel lernen
sie ihre Umwelt und Mitgeschöpfe kennen. In der Welpengruppe haben sie die
Möglichkeit, mit gleichaltrigen Hunden zu toben, spielerisch Erfahrungen zu
sammeln und soziale Verhaltensweisen einzuüben. Wenn es dann doch einmal zu
wild hergeht, greifen Übungsleiter oder Besitzer ein. So entwickeln sie ein
gesundes Selbstbewußtsein. Durch kleine Übungen an verschiedensten
Geräten - z. B. aus dem Bereich Agility oder Rettungshunde- werden sie
selbstsicher, und lernen ganz natürlich immer neue Aufgaben zu bewältigen.
Der Agility-Steg auf dem Hundeplatz ist zwar recht hoch,
aber schön bunt. So etwas kann richtig Spaß machen. |
Jetzt ist selbst die Wippe kein Problem mehr, auch wenn
sie gleich kippt. |
Im Tunnel ist für alle Platz. Aber muss man hier
gleich schlafen? |
Welpen müssen mit Gleichaltrigen spielen, am
besten mit Welpen anderer Rassen. So lernen sie auch diese zu akzeptieren und
haben zudem gemeinsam Spaß. |
Eine Welpenspielstunde ist kein Erziehungskurs für
junge Hunde. Gemeinsames Spiel und und gemeinsamer Spaß stehen im
Vordergrund. Das fördert nicht nur das Selbstbewußtsein des Welpen ,
sondern auch die Bindung. Belohnen Sie ausgiebig, das zeigt dem Welpen, dass er
richtig gehandelt hat. Es muss auch nicht immer Leckerchen geben, streicheln und
schmusen mag er genauso gerne. |
Junghunde haben gelernt, sich zu benehmen. |
Während Welpen- und Junghundegruppen vor einigen
Jahren auf vielen Hundeplätzen noch belächelt wurden, zweifelt heute
praktisch niemand mehr ihre Notwendigkeit an. So wie ein Kind den Kindergarten
zur Vorbereitung auf die Schule braucht, so wichtig ist die Welpengruppe und später
die Junghundgruppe für Ihren Welpen. Heute werden überall
Prägespielstunden angeboten. Diese können sehr teuer sein, ohne dass
hier wirklich etwas geboten wird. Deshalb sollten Sie sich am besten schon bevor
der Welpe ins Haus kommt einige Gruppen ansehen und sich ihr eigenes Urteil
bilden. Manchmal werden die Welpen in eine Umzäunung gesperrt und sich
eine Stunde lang selbst überlassen. Die Besitzer stehen am Rand, trinken
Kaffe oder schwätzen miteinander. Die Hunde können machen was sie
wollen. Die Stärkeren werden immer stärker, mobben die anderen und
die anderen sind froh, wenn alles vorbei ist. In anderen Gruppen wird von
Anfang an gedrillt, bei Fuß gegangen, perfektes Sitzt und Platz eingeübt
und minutenlang allein abgelegen. Das sind keine Welplenspielgruppen.
In einer Welpenspielgruppe gibt es keine
100-Punkte-Pokale oder andere Sieger-Urkunden. Wenn sie sich Ihre Gruppe
ansehen, sollten Sie folgendes ermöglichen:
-- der Welpe kann seinem Spiel-Bedürfnis
mit Artgenossen nachkommen und gleichzeitig soziale Verhaltensweisen einüben,
-- er erhält genügend
Anregungen, um sich geistig und körperlich zu entwickeln,
-- er lernt, auch in der Welpengruppe
eine vertrauensvolle Bindung zu seinem Besitzer aufzubauen und zu vertiefen,
-- er lernt, sich in unserer
moderenen Umwelt zurechtzzufinden.
Eine gute Welpen- oder Junghundgruppe sollte folgendes
bieten:
-- freies Spiel
-- leichte Übungen an Geräten
--kurze Erziehungsübungen
--Bindespiele/Übungen
-- einführende und weiterführende
Theoriestunden für die Hundebesitzer
-- praktiche Übungen aus dem
Alltag, z. B. Ohrreinigung, Fiebermessen, Krallenschneiden auf einem Tisch.
In einer Welpenspiel- oder Prägegruppe können
Sie Anregung und Unterstützung bei der Sozialisation Ihres Welpen erhalten.
Die Verantwortung für die Entwicklung Ihres Hundes tragen in erster Linie
jedoch Sie; eine manchmal nicht ganz leichte aber dennoch wunderbare Aufgabe.
Deshalb suchen Sie Ihre Welpengruppe aus, die zu Ihnen, Ihrem Welpen und Ihren
Vorstelluungen vom Team Mensch-Hund passt. | |